heizhaus
Das HeizhausKreativwirtschaft unter dem Quelleturm
Auf dem QuellegeländeSchmelztiegel
Nachdem der Versandriese Quelle im Jahr 2009 insolvent ging, wurde das Gebäude 2013 vom Quellkollektiv besiedelt. Zahlreiche Kunst- und Kulturschaffende zogen mit ihren Werkstätten und Ateliers in die verlassenen Hallen und hauchten ihnen neues Leben ein.
In dem alten Quelleversandgebäude hatten sie ihr ideales Zuhause gefunden. Keine zwei Jahre später mussten sie es jedoch räumen. Das portugiesische Handelsimmobilienunternehmen Sonae Sierra hatte das komplette Gelände für 16 Millionen Euro ersteigert und plante zunächst ein Einkaufszentrum zu errichten. Seit 2018 ist das Quellegelände in den Händen von der Gerchgroup AG. Der Bauprojektentwickler plant daraus ein großes Quatier mit gemischter Nutzung zu machen. Ankermieter soll zunächst die Stadt Nürnberg werden.
Im Heizhaus, das zu Versandhauszeiten die Betriebsfeuerwehr beheimatete, wurde für die kreativen Köpfe eine Zwischenlösung eingerichtet. Rund 50 Menschen arbeiten hier und schaffen gleichzeitig Kultur. Sie machten das Haus zu ihrem Pilotprojekt, das die Beteiligten stets von Neuem auf die Probe stellt.
Gesichter des Heizhauses
Umbruch
Zusammenarbeit
Die Vision
Impressum
Ramona Meier
Schwabedastraße 5
91522 Ansbach
ramona.meier@hs-ansbach.de
Anna Martin
Utzstraße 26
91522 Ansbach
anna.martin@hs-ansbach.de
Tobias Weinfurtner
Schwabedastraße 5
91522 Ansbach
tobias.weinfurtner@hs-ansbach.de
Lara Auerswald
Würzburgerstraße 7
91522 Ansbach
lara-carme.auerswald@hs-ansbach.de
Verwendetes Material:
Musik: Cullah - King Jebediah the falcon messiah
Bilder: Luftbildaufnahme schwarzweiß 1994 - Florentine Schlagintweit
Luftbildaufnahme 2012 - Oliver Acker
Impressumbild: Lukas Rumpler
Urheber der Wandmalerei auf Einstiegsfolie: CUBR 11
Urheber des Bildes im Hintergrund auf der Folie "Status Quo": Holger Schüßler, Instagram: @strokes_in_silence
Wir bedanken uns herzlich bei allen Personen, die an diesem Projekt mitgewirkt haben. Ein besonderer Dank gilt hierbei Thilo Schaffert, der das ganze Projekt über unser Ansprechpartner von Seiten des Heizhauses war. Ebenso bedanken wir uns besonders bei Wanda Leuthe, Marga Leuthe, Sarah Heilingbrunner und Holger Schüßler für ihre Zeit und das Material für das T-shirt. Bei der flashfabrik möchten wir uns für ihre Unterstützung und ihren Rat bedanken. Des Weiteren ein großes Dankeschön an alle Protagonisten für die tolle Zusammenarbeit.
Ein Projekt der Hochschule Ansbach, Studiengang Ressortjournalismus (Modul „Projekt Crossmedia“) und nordbayern.de, das Online-Portal der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung.
Die VisionGeschichte und Zukunft des Quelleareals
Die Vision
Vielfalt
Die Japanische ClubjackeWeltraumschaum im Heizhauskeller
Ein Ausflug in den Weltraum
Innovation im AlltagDer Lösungsfinder
Plex AuchtaDer Kapellmeister
Plex Auchta gewährt Einblick in seinen Proberaum und zeigt, wie ein Song von ihm entsteht
Kunst aus GlasDer Mann mit den schnittfesten Händen
Der 33-jährige Glasbildner ist 2012 mit seiner Werkstatt in das ehemalige Quelleareal gezogen und ist Mitbegründer des Quellkollektivs.
Der Zauber um das Glas
Dass Tobias Witt sich irgendwann selbstständig machen will, wusste er schon immer. Sein eigenes Ding machen und nicht fest angestellt sein. Für die Ausbildung zum staatlich anerkannten Glasbildner hat er sich entschieden, weil Glas das einzige Material war, das er nicht bearbeiten konnte. Außerdem schwebt um das Glas ein Zauber. Das macht es für ihn attraktiv.
Das Alltägliche besonders machen
Der Produktdesigner und Künstler will aus gewöhnlichen Dingen etwas Einzigartiges machen. Dafür nimmt er „den Kiesel, den man sonst mit dem Schuh zur Seite kickt“ und verbindet ihn nahtlos mit Glas. Dabei entstehen seine Steine mit einem magischen Zusatz. Je nach Größe stecken bis zu sechs Arbeitsstunden darin. „Das Glas soll ausdrücken, dass man aus seinem Alltag etwas ganz besonderes machen kann.“
An wen Tobias Witt seine Werke verkauft, möchte er selbst bestimmen. Deshalb findet man ihn auf Märkten und in Galerien, aber nicht online. Er will seine Kunden persönlich kennenlernen. Seine Arbeit soll nicht zur Massenproduktion werden.
Arbeit im Heizhaus
Damals haben ihn vor allem die unschlagbar günstigen Mietpreise gelockt. Mittlerweile ist das Heizhaus zum täglichen Treffpunkt geworden. „Ich finde mich hier öfters und denke mir: warum bin ich eigentlich jetzt her gekommen?“, sagt er schmunzelnd. Das Heizhaus ist für ihn eine Erweiterung des Zuhauses, aber gleichzeitig auch ein Ort, um sich selbst zu verwirklichen, zu arbeiten und um Geld zu verdienen.
Geschichten aus der WerkstattDer Oldtimer
Ein Besuch in Klausis Schatzkammer- die Motorradwerkstatt
Gesichter des Heizhauses
Die Vision
Das Quellkollektiv
Es ist ein Netzwerkverein aus Freischaffenden der Kultur- und Kreativwirtschaft. Der Begriff wurde erstmals 2007 von der Initiative des Bundes für Kultur- und Kreativwirtschaft zusammengefasst und beinhaltet die verschiedenen Gewerbe des kreativen Sektors. Auf einen Blick sind das:
Musikwirtschaft
Buchmarkt
Kunstmarkt
Filmwirtschaft
Rundfunkwirtschaft
Darstellende Künste
Architekturmarkt
Designwirtschaft
Pressemarkt
Werbemarkt Software/Spiele-Industrie
Laut Bundesministerium für Wirtschaft und Energie arbeiten momentan ca. 1,6 Millionen Menschen in Deutschland in diesem Sektor. Spannend dabei ist, dass dieser Teilbereich der Wirtschaft nicht nur aus wenigen großen Unternehmen besteht, wie beispielsweise die Automobilindustrie, sondern aus vielen verschiedenen Einzelunternehmern und Selbstständigen, von denen einige am Existenzminimum leben. Genau für diese Menschen sollte es in Nürnberg einen Verein geben, über den sie Kontakte schließen können. Das war eine der beiden Gründungsmotivationen. Die Zweite war die Wiederbelebung von Industriedenkmälern.
Das Heizhaus ist für mich...
"Morgen kann alles nur schlechter werden"Der ehemalige Vorstand des Quellkollektivs – ein Interview
Wanda und Maria, was waren damals die Beweggründe das Quellkollektiv zu gründen?
Wanda: Wir sind ein Netzwerkverein der Kultur- und Kreativwirtschaft, explizit für die einzelnen Kleinunternehmen und Selbstständigen, die oft am Existenzminimum leben und doch ganz viel Energie in Projekte für das Allgemeinwohl stecken. Und wir dachten uns damals, dass die Stadt Nürnberg, ganz dringend einen Verein braucht, der eine Stimme für diese Menschen ist.
Der zweite Grund war die Belebung von Industriedenkmälern. Durch die Umwälzung von der Industrialisierung zur Digitalisierung sind viele Firmen kaputt gegangen, wodurch viel Leerstand entstanden ist. Unserer Ansicht nach, stellt das eine große Chance für Nürnberg dar, indem man überlegt, wie man den Leerstand so nutzen könnte, dass er allen zugute kommt und nicht nur in Investorenhand gegeben wird, die viel Geld daraus machen und unbezahlbaren Wohnraum schaffen.
Euer Heizhaus ist ein Beispiel dafür, wie man diesen Leerstand nutzen könnte. Welches Konzept steckt dahinter?
Maria: Das Besondere am Konzept Heizhaus ist die Zusammensetzung aus privatem Gewerbe und Gewerbebetreibenden, die Kultur und einen Mehrwert für die gesamtstädtische Gesellschaft schaffen. Wir haben einen Rundumschlag von Vertretern aus jedem Teilbereich der Kultur- und Kreativwirtschaft. Hier arbeiten Unternehmen, die ihren gleichen tagtäglichen Ablauf haben, aber es sind auch Menschen hier, die immer wieder unterschiedlich arbeiten und zusammen sind wir eine Keimzelle für eine lebendige Stadtgesellschaft.
Und was ist das Besondere daran für die Beteiligten?
Wanda: Ein großer Vorteil für uns Kreative in diesem Haus zu arbeiten ist der Austausch untereinander und die Synergien, die sich entwickeln. Hier arbeiten ganz viele Projekte übergreifend. Es kann sein, wir aus der Schneiderei, brauchen einen Print für unsere Textilien für unsere Kollektion. Die können wir im Raum nebenan in der Siebdruckwerkstatt machen. Die bekommen eine Anfrage rein von einem Kunden, der Etiketten braucht mit seinem eigenen Label im T-shirt. Die muss er nicht wegschicken in irgendeine Produktion, sondern die können wir hier einnähen. Und das findet nicht nur in der textilübergreifenden Sparte statt, sondern funktioniert auch mit anderen Gewerken. Das hast du woanders nicht. Hier triffst du dich zum Mittagessen und die Sache ist vom Tisch. Und was auch sehr schön ist, was hier zum Greifen kommt, dass die Künstler, die sich von Auftrag zu Auftrag hangeln und hoffen ein Bild zu verkaufen oder einen Projektpreis zu gewinnen, auch hier zu ihrem Broterwerb kommen, indem sie uns in der Produktion drinnen helfen oder auch die Siebdrucker mal noch eine helfende Hand brauchen, von der Arbeit derjenige aber leben kann. Das ist eine Win-win-Situation für beide in dem Moment.
Welchen Einfluss hat denn die Stadt auf das Heizhaus?
Wanda: Wir sind davon ausgegangen, dass wir eine Zwischennutzung anstreben. Die war auch soweit kommuniziert mit Investor und Stadt, wobei der Investor ganz klar gesagt hat, er möchte eine städtische Genehmigung haben. Nach längerem Herumdrucksen, ist der Stadt aber nichts besseres eingefallen als, dass wir einen Bauantrag stellen müssen. Diese Information haben wir einen Tag vor Schlüsselübergabe bekommen und wir haben damals sehr klar kommuniziert, dass wir dazu A innerhalb des Vereins nicht die Kompetenzen haben, B nicht die Finanzierung dazu haben und C haben wir die Zeit nicht dazu.
Unser Baureferent riet uns dann dazu, einfach mal einen Bauantrag einzureichen, da sei ja nichts dabei. Unser Architekt wies damals auf die Größenordnung hin und meinte, dass da doch bestimmt ein Brandschutzkonzept dazu gehöre. Da hieß es zu uns nur, wir würden das alles auf Bestand durchbekommen. Mit den Worten sind wir reingegangen. Und dann fragen wir uns, nach den ersten Runden der Ergebnisse, als zum Beispiel der Bescheid mit der Rechnung von 4.500 Euro gekommen ist, was davor eine Aussage bedeutet hat, wie: Das kostet doch nichts. Die Kosten dieses ganzen Projektes sind erst entstanden, weil die Stadt uns diesen Berg Bauantrag in den Weg gelegt hat. Der war davor nie klar kommuniziert. Da hat die Stadt viele Fehler gemacht.
Maria: Vor Allem weil jedem klar war, und das der Eigentümer auch so kommuniziert hatte, dass das hier eine Zwischenlösung ist und dass man danach, wenn die Quelle revitalisiert ist, in dieses sogenannte Kreativzentrum wieder zurückgehen sollte. So waren die offiziellen Verlautbarungen. Der Eigentümer hat von Anfang an gesagt, er wird diesen Bauantrag nicht stellen und er wird auch kein Geld für dieses Heizhaus ausgeben. Das heißt, es ist sowieso schwierig zu erklären, warum man dann uns, als Zwischenlösung, in dem Maße belastet. Wir haben bisher 15.000 Euro ausgegeben, allein für diese Bauantragsthematik.
Wie läuft denn die Kommunikation mit der Stadt?
Wanda: Schwierig. Wir haben, als eines der wenigen Projekte bundesweit gesehen, ein sehr übergreifendes Konzept, das Wirtschaftlichkeit und Kulturgut zusammen bringen möchte. Das unter einen Hut zu bringen ist in unserem Konzept sehr schlüssig, aber für die Stadt und ihre Verwaltungsstrukturen sehr unverständlich. Niemand fühlt sich zuständig, jeder schickt einen zum nächsten, weil er sagt: „das ist jetzt nicht Kultur, das ist mehr Wirtschaft.“ Die Wirtschaft sagt da sei viel zu viel Soziales mit drinnen. Eigentlich wissen sie überhaupt nicht wo wir hinsollen und das ist das Ergebnis der letzten fünf Jahre, das wir bis heute haben, weil grundsätzlich das Konzept nicht verstanden wird.
Maria: Das Ganze hatte der Leiter des Kulturhauptstadt-Bewerbungsbüros auf einer Podiumsdiskussion auch ganz gut zusammengeführt: Das was mit dem Heizhaus gerade passiert ist so eine Art Farce. Es müsste einfache Entscheidungswege geben, es müsste für uns die Möglichkeit ersichtlich sein, dass wir einen Ansprechpartner haben, eine Art Koordinationsstelle, oder jemand, der wirklich die Verantwortung in eine bestimmte Richtung übernimmt. Die Ämter müssten sich Ämterübergreifend mal zusammensetzen und einen Alternativweg finden, mit uns gemeinsam aber auch für sich selbst. Das ist generell eine überregulierte und festgefahrene administrative Struktur in der Stadt, bei der wir nicht sehen, dass sie sich weiter entwickelt.
Falls es keine verlängerten Mietverträge gibt, was passiert dann mit dem Konzept des Quellkollektivs?
Wanda: Wir sind der Meinung, dass das ein sehr zukunftsorientiertes Konzept ist. Wir beschäftigen uns sehr viel damit, wie die Menschen in Zukunft leben möchten, wie wir in Zukunft leben möchten. Was möchten wir für eine Arbeitsumgebung haben? Wie können wir dem Gemeingut etwas zukommen lassen, indem wir in Stadtteile ausstrahlen, ob kulturell oder soziokulturell? Oder auch mit Netzwerkgeschichten was solidarische Landwirtschaft angeht, um in diesem Viertel vielleicht auch einen Markt zu etablieren. Wir sind der Meinung, wenn nicht dieses Haus, dann sollte es genügend andere interessante Flächen in Nürnberg geben, auf denen sich dieses Konzept realisieren ließe.
Was habt ihr für Pläne, wenn es hier für euch weitergeht?
Wanda: Also ich habe eine ganz große Wunschliste. Gerade die gemeinschaftlichen Flächen sind noch sehr unterentwickelt bisher, weil natürlich die Energie der Einzelnen gebündelt ist. Grundsätzlich wünschen wir uns, dass die Rolltore vorne auch wirklich als Gemeinschaftsräume und als Tür für dieses Haus nach Außen und nach Innen etabliert werden. Dass man die Nachbarschaft einladen kann, indem es offene Türen gibt, man Mittags mal einen Kaffee trinken kann und sich auch Hausintern zusammensetzen kann damit dieser Austausch noch lebendiger wird. Wir schaffen uns schon Orte, wie der Hinterhof, aber von Außen traut sich da natürlich keiner rein zu kommen und da wäre es schön einfach nochmal einen Ort für zu haben.
Maria: Meine Wünsche sind da recht ähnlich. Zum Beispiel vor den Rolltoren im Hof, ein Stummfilm-Sommerkino zu öffnen, wo Nachbarn, die Abends ja ständig vorbeilaufen, sich auch mal mit hinsetzen können und man Musiker einlädt, die das Ganze vertonen und alle zwei Wochen entsteht an einem Abend so eine ganz spezielle Atmosphäre zwischen der Quelle und den anderen Wänden des Stadtteils, der gerade sehr stark im Umbruch aber auch im Aufbruch ist. Wir werden ganz viel Zuzug bekommen, viele junge Leute, Menschen mit Migrationshintergrund, wir haben viele Arbeitslose im Stadtteil, wo ich mir schon ganz gut vorstellen kann, dass man den ein oder anderen Lebensweg, vielleicht nur durch einen Abend, vielleicht aber auch durch ein Praktikum bei uns im Haus oder durch einen anderen Anstoß, positiv beeinflussen kann. Und übergeordnet für die gesamte Stadt wünsche ich mir, dass man Strukturen auch langfristig beeinflussen kann, mit diesem Projekt. Dass man hier ablesen und begreifen kann, wie wichtig vereinfachte administrative Entscheidungsprozesse wären, wie viel Klärungsbedarf besteht und wie viel Renovierungs- und Überholbedarf besteht, bei der Kultur dieser Stadt und dem Leben in einer Stadt, die recht überreguliert ist und die scheinbar glaubt, dass sie alles selber regeln muss und uns eigentlich die Handlungsfähigkeit und die Eigenmacht nimmt. Wenn man hier seine Arbeit tagtäglich verrichtet und man mal die halbe Nacht durcharbeitet, weil man am Computer sitzen und den Auftrag beenden muss, ist das jedem seine eigene Entscheidung. Das ist interessant, weil das ein scheinbar völlig absurdes Denken für einige in der Stadtgesellschaft zu sein scheint und darüber gilt es zu diskutieren. Wir haben hier einen Laborzustand, ein Ort, an dem man über solche scheinbar revolutionären Dinge, die einfach und konkret sein könnten, indem man darüber sprechen und tatsächlich wirken kann. Und das ist auch mein Wunsch: dass wir weiter wirken können.
Wanda: Grundsätzlich ist der ganz große Wunsch oder vielleicht auch die Motivation von vielen, die sich in Projekten, wie dem Heizhaus engagieren, ein Umbruch in der Gesellschaft. Man sieht an vielen Aspekten ganz deutlich , dass wir uns innengesellschaftlich, aber auch global-politisch, in einem extremen Umbruch befinden. Deswegen bekommen auch gerade die extremen Seiten ihre Zuläufe, weil gesellschaftlich eine Frustration stattfindet und eine Desillusionierung. Wir streben nicht mehr, wie vor 20 Jahre, einer rosigen Zukunft entgegen und alles wird nur besser. Wir sind mit der Vision aufgewachsen, morgen kann alles nur schlechter werden. Das sind die Bilder, die unsere Generation im Kopf haben. Die Zukunft wird nicht besser, sondern, sie wird global auf unsere Umwelt gesehen, schlechter. Und das was wir sehen ist, dass das auf der politischen Ebene weggeschoben wird. Es wird versucht, alles so zu machen wie wir es schon immer gemacht haben. Wir denken gar nicht über diese Probleme nach und am allerbesten kommunizieren wir sie auch gar nicht und reden nicht darüber, weil dann könnte ja etwas passieren. Wir gehen dagegen vor und das drückt die ganze subkulturelle Szene aus, die aus Initiativen wie Repair-Cafés oder offenen Werkstätten besteht. All diese Bereiche sind, unserer Meinung nach, die neue Politik, weil das die Leute sind, die Lösungswege zeigen, Möglichkeiten, Zukunftsvisionen. Was könnten wir anders machen? Und darum geht es uns. Und so würden wir auch gerne nach Außen hin strahlen und hoffen, dass das auch gesamtgesellschaftlich etwas bewegen kann. Wir sind nämlich nur ein kleines Projekt von vielen.
Wem gehört das Quelleareal?Das Gelände unterm Hammer
Planmäßig soll die Bruttogeschossfläche mehr als das Doppelte messen. Bereits 2017 waren die beiden Unternehmen im gemeinsamen Gespräch, doch damals habe das Gesamtkonzept noch nicht gepasst, so der Vorstandsvorsitzende der Gerchgroup, Mathias Düsterdick.
Das Gebäude
Entstehen soll eine sogenannte Mix-Use-Immobilie, die dem urbanen Bewohner alles bieten soll, was er zum Leben braucht. „Wir befinden uns seit vielen Monaten in der Umsetzung: Ankauf, Finanzierung, Verträge, und so weiter“, so Düsterdick. Neben Wohnräumen, sollen Büros entstehen und Platz für den Einzelhandel und soziale Einrichtungen geschaffen werden.
Die Baupläne sollen in Kooperation mit der Stadt ausgearbeitet werden. Im kommenden Jahr soll die Sanierung beginnen. Die Fertigstellung wird zumindest in Teilen 2024 erwartet. Für Düsterdick sei das Projekt auch eine Herzensangelegenheit: „Da ich in meiner Jugend im Stadtteil Ziegelstein lebte, habe ich eine besondere Affinität zu Nürnberg. Das macht das Projekt auch für mich persönlich zu etwas Besonderem.“ Welchen Platz die Mieter des Heizhauses dabei einnehmen werden ist noch nicht besiegelt, jedoch ist eine langfristige Lösung in Aussicht. Das Statement des Vorstandsvorsitzenden der Gerchgroup lässt hoffen: „Wir haben den Künstlern im Haus mündlich eine langfristige Lösung versprochen. Wie diese aussehen kann und wird, erörtern wir gerade mit der Stadtverwaltung.“
700 Millionen Euro soll das Gesamtvorhaben kosten. Was die Gerchgroup für das Grundstück bezahlt hat, wird nicht verraten. Sonae Sierra zahlte damals gerade mal 16 Millionen.
Was hat sich in den letzten zwei Jahren getan?(K)ein Wendepunkt in Sicht
Wir haben uns im Frühjahr diesen Jahres mit Hanna Rentschler getroffen. Die Urbanistin ist nun schon seit knapp 2 Jahren aktives Mitglied im Quellkollektiv e.V. und arbeitet als Projektkoordinatorin im Verein. Sie hat uns von den Veränderungen der letzten zwei Jahre erzählt und welche Hürden, Probleme aber auch neue Möglichkeiten damit einhergingen.
Test
Testetstets
Aktuelle Mietsituation
Bauantrag
Brandschutz
Städtebauförderungsantrag
Raumnutzung
Freier, zugänglicher Raum
Hilferuf
Was sagt die Stadt dazu?Perspektiv-wechsel
Herr Ruf, laut unseren Informationen stehen Sie in Verhandlungen mit dem Investor über das zukünftige Mietverhältnis des Heizhauses. Was ist der Stand der Dinge?
Der Vermieter hat dem Quellkollektiv einen Mietvertrag angeboten, der günstige Mietkonditionen enthält, dafür aber den gesamten Gebäudeunterhalt komplett auf den Mieter überträgt. Klar: entweder rechnet man den Unterhalt in die Miete – dann wird diese teuer, oder man rechnet ihn raus – dann ist die Miete günstig, aber man muss den Unterhalt selbst finanzieren. Die Stadt rechnet verschiedene Modelle durch, wie man mit Städtebauförderungsmitteln das Gebäude so fit machen kann, dass die Unterhaltskosten dann minimiert werden. Großer Nachteil: wenn man staatliche Fördermittel verwendet, dann muss das mindestens für 20 Jahre taugen. Das kostet viel und ist eigentlich ein baulicher Standard, den das Quellkollektiv gar nicht braucht / will. Vor allem würde eine Sanierung dann mindestens Teile des Gebäudes während der Bauzeit nicht mehr nutzbar machen – auch schlecht für das Quellkollektiv. Wir müssen eine Lösung finden, mit der nur das Quellkollektiv von der baulichen Last, dieses Denkmal zu erhalten, erleichtert werden kann – also von den Nebenkosten.
Zwischenzeitlich war die Stadt daran interessiert das Heizhaus zu kaufen, ist das noch aktuell oder realistisch?
Die Gerchgroup hat bislang deutlich erklärt, dass sie das Heizhaus – auch an die Stadt - nicht verkaufen wird.
Werden weitere Sanierungskosten auf die Mieter im Heizhaus zukommen?
Wenn die Stadt nicht unterstützt, wäre das wohl der Fall. Wir müssen dafür sorgen, dass richtige Probleme – zum Beispiel Reinregnen – verhindert werden, aber keine aufwändige Sanierung, weil die wäre zu teuer.
Laut Quellkollektiv unterstützt die Stadt in Zukunft das Heizhaus nur, wenn es Zuschüsse von Seitens des Landes gibt. Sollte es dazu nicht kommen: kann die Stadt Nürnberg das Projekt unterstützen und wenn ja wie?
Das Problem an den staatliche Zuschüssen ist, dass es diese nur gibt, wenn es eine dauerhafte wirksame Sanierung ist. Aber die ist sehr teuer – und das Quellkollektiv braucht so etwas gar nicht. Deshalb ist der Plan, dass die Stadt Nürnberg das Quellkollektiv beim Unterhalt des denkmalgeschützten des Gebäudes unterstützt und so von den Nebenkosten entlastet. Das muss noch gerechnet werden.
In welchem Kontaktverhältnis stehen Sie zum Quellkollektiv? Haben sie die gleichen Vorstellungen für die Nutzung des Heizhauses?
Das Quellkollektiv soll die Möglichkeit haben, das Heizhaus weiter selbstverwaltet zu betreiben. Die Stadt Nürnberg wird nicht Einfluss nehmen auf die inhaltliche Arbeit des Quellkollektivs.
Wie wichtig ist Ihnen die Erhaltung und Förderung eines kulturellen Projektes/Einrichtung wie das Heizhaus?
Im Heizhaus haben sich Akteure organisiert, die auch für unsere Kulturhauptstadt(bewerbung) eine wichtige Rolle haben. Insofern will die Stadt das Quellkollektiv im Heizhaus halten, aber wir müssen natürlich auch aufpassen, dass wir die freien Initiativen einigermaßen gerecht behandeln. Auch andere Initiativen, die weniger im Rampenlicht stehen als die Akteure rund um Quelle, machen wichtige Arbeit.
Wie sehen konkrete Maßnahmen der Stadt aus, um solche Orte zu erhalten und zu fördern?
Da gibt es keine Standard-Strategie. Man muss für jedes Projekt die richtige Lösung finden. Das Heizhaus gehört uns nicht, also müssen wir den Nutzern die Nutzung ermöglichen, ohne mit Steuermitteln ein Haus aufzuwerten, das uns nicht gehört und nicht gehören wird.
Wie stellt sich die Stadt das Heizhaus und das Quelle-Areal in Zukunft vor?
Das ehemalige Versandzentrum wird zu einem neuen Stadtquartier entwickelt – auch mit einen hohen Anteil an Verwaltungsleistungen der Stadtverwaltung. Und das Heizhaus kann dabei ein wichtiger frei organisierter Impulsgeber für das Quartier sein – neben den städtischen Angeboten wir der Kulturwerkstaat auf AEG.
Wünsche des Quellkollektivs
Damals-heute
Umbruch (In stetem Wandel)
Ein Studio im Umbau
Wo vorher noch Filme gedreht und Models geshootet wurden, zieht nun eine Tanzschule ein. Wir haben die Verwandlung begleitet.
Tanzstudio im Aufbau
4eva community DanceDie Heizhaus-Sprösslinge
4eva Community Dance
4eva Community Dance
Zu dritt, Fabio Giagante Roccaforte (32), Tufan Haciali (28) und Murat Gezici (31) leiten sie ihr kleines Unternehmen, genannt „4eva Community Dance“. Eine Tanzschule für junge Nachwuchstalente. Gemeinsam sind sie Teil eines Showkollektivs, wobei jeder seinen eigenen Tanzstil hat: von Tatting, über Hip Hop, bis hin zum klassischen Ballett. „Wir haben unser Leben lang getanzt und viel Zeit in die Proben investiert. Das wird immer unterschätzt, dabei ist das richtig harte Arbeit”, sagt Hauptorganisator Fabio.
Er und Murat kennen sich bereits aus der Schule. Da hat alles angefangen. Aus ihrer Diskoleidenschaft wollten die beiden ein richtiges Hobby machen. Blieb nur die Frage, wo sie tanzen sollten. Die passende Antwort war schnell gefunden: Im Jugendhaus gibt es bestimmt einen Raum. Sie beginnen sich regelmäßig zu treffen.
Tufans Tanzkarriere beginnt schon früher. Mit 15 Jahren bewirbt er sich bei Castings für Schulmusicals und wirkt an einigen Inszenierungen mit. Er lernt Murat bei einem Battle kennen. Als dieser ihn fragt, ob er nicht mit Fabio und ihm eine Tanzschule gründen möchte, ist er sofort dabei: „Wenn du was erreichen willst, musst du dafür kämpfen.“
Sechs Jahre später stehen sie endlich in ihrem eigenen Studio. Im Heizhaus. Überall haben sie schon getanzt: Ob Jugendhaus, Fitnessstudio, Flamenco Tanzstudio, aber nirgendwo konnten sie bleiben. „Das Konzept vom Heizhaus passt einfach. Wie der Name sagt: ‚4eva Community‘. Darauf kommt es an, auf die Gemeinschaft“, erklärt Fabio. Sie bezeichnen sich selbst als Familie. Und das macht das Heizhaus aus. Die Menschen hier sind Freischaffende, von denen einerseits jeder seiner eigenen Arbeit nachgeht, aber auch jederzeit bei den Projekten anderer aushilft. Lächelnd sagt Fabio: „Wir gehen hier rein, um uns ein Zuhause zu schaffen.“
Sich selbst und ihren Sprösslingen. Denn die drei jungen Männer sind sich einig: Nur Tanzen allein ist das nicht, was sie da betreiben: „Wir sind auch Streetworker.“ erklärt Fabio. Hinter dem Beruf des Tanzlehrers steht für sie auch eine soziale Aufgabe. „Man verbringt so viel Zeit miteinander, dass die Jugendlichen oft auch mit privaten Problemen zu uns kommen.“
Das Ganze machen Fabio, Tufan und Murat nebenher und ehrenamtlich. Für die Tanzschüler ist der Unterricht umsonst. Finanziert wird er durch die Tanzauftritte des Showensembles. Wovon die drei dann leben? Alle haben Ausbildungsberufe erlernt. „Es gibt für den Menschen nicht nur einen Weg. Er strebt immer irgendwo nach Sicherheit.“ Und nur Künstler sein, sei auch nichts, gibt Fabio zu. Bodenständigkeit ist ihnen wichtig. Jeder von ihnen sei zur Hälfte Künstler und zur Hälfte Arbeiter.